U-Shift: DLR zieht Bilanz

Rund 10.000 Personen sind mit dem U-Shift im autonomen Betrieb über das Gelände der BUGA gefahren. Der speziell für diesen Einsatz gebaute Prototyp „U-Shift 4“ legte insgesamt 2.800 Kilometer zurück. Foto: Schreiber

Ein halbes Jahr lang – vom 14. April bis 8. Oktober 2023 – hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) auf der Bundesgartenschau BUGA 23 in Mannheim die urbane Mobilität der Zukunft erlebbar gemacht. Foto: Schreiber

Das Stehperron im Heck ist mit einer elektrischen Rampe – verbaut im Fahrzeugboden – ausgestattet. Foto: Schreiber

Ein halbes Jahr lang – vom 14. April bis 8. Oktober 2023 – hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) auf der Bundesgartenschau BUGA 23 in Mannheim die urbane Mobilität der Zukunft erlebbar gemacht. Im Mittelpunkt standen zwei Prototypen des neuartigen Fahrzeugkonzepts U-Shift.

Ein Team vom DLR-Institut für Fahrzeugkonzepte zeigte und erklärte den Besuchenden und auch omnibus.news bei einem Besuch vor Ort, wie das U-Shift emissionsfrei, automatisiert, sicher und leise Menschen und Güter transportieren kann. Auch das Mitfahren im Rahmen eines Forschungsbetriebs war möglich und sorgte nicht nur bei omnibus.news für Begeisterung.

Was das futuristische Fahrzeugkonzept des DLR besonders auszeichnet, ist seine Flexibilität: Die U-förmige Antriebseinheit, das sogenannte Driveboard, nimmt Kapseln für die unterschiedlichsten Einsatzzwecke auf, transportiert sie ans Ziel und setzt sie dort wieder ab.

„Unser Team war sieben Tage die Woche und insgesamt 178 Tage am Stück vor Ort auf der Bundesgartenschau. Wir haben in diesem Zeitraum sehr erfolgreich und mit viel Begeisterung vermittelt, wie wichtig und faszinierend die DLR-Forschung im Bereich zukünftiger Mobilität ist“, bilanziert Institutsdirektor Prof. Tjark Siefkes.

Rund eine Viertelmillion Besucher hat am DLR-Stand vorbeigeschaut. Mit 85.000 davon hat das Team um U-Shift-Projektleiter Dr. Marco Münster Gespräche zum Fahrzeugkonzept und seinen Einsatzmöglichkeiten geführt. So konnte es wertvolle Rückmeldungen für die weitere Forschung und Entwicklung sowie weitere Ideen für Geschäftsmodelle und Einsatzszenarien bekommen.

Rund 10.000 Personen sind mit dem U-Shift im autonomen Betrieb über das Gelände der BUGA gefahren. Der speziell für diesen Einsatz gebaute Prototyp „U-Shift 4“ legte insgesamt 2.800 Kilometer zurück. „Das ist eine beeindruckende Bilanz angesichts der Herausforderungen, die wir bei Konstruktion, Bau und Zulassung eines komplett neuen und einzigartiges Fahrzeugkonzepts in eineinhalb Jahren meisten mussten“, blickt Marco Münster zurück.

Ein sehr wertiges und ansprechendes Fahrzeuginneres ist wichtig, um Menschen aus dem Auto zu holen und für die Nutzung eines Nahverkehrs-Shuttles zu begeistern. Im Bild der Prototyp ohne Fahrerstand. Foto: Schreiber

Großer Forschungsbedarf besteht zum Beispiel noch bei allen Fragen rund um die Kommunikation des autonomen Fahrzeugs mit den Nutzenden, auch wenn das Fahrzeug über Schriftbänder mit Passanten kommuniziert. Foto: Schreiber

Ist das U-Shift fahrerlos unterwegs, stellen Monitore und Kameras den Kontakt zur Leitstelle sicher. Die digitalen Rückspiegel sind in der A-Säule verbaut. Foto: Schreiber

Die Besucher der BUGA haben das Fahrzeugkonzept und die ausgestellten Prototypen des U-Shift äußerst positiv aufgenommen. Nur bei circa 0,1 Prozent der mehr als 80.000 Gespräche wurde negatives Feedback geäußert. „Ihre Begeisterung für das U-Shift haben viele Besuchende weitergegeben und so als Multiplikatoren für das Projekt gewirkt. Wir haben von den Menschen immer wieder gehört, dass ihnen vom U-Shift erzählt worden sei und sie sich nun selbst einen Eindruck machen wollten“, beschreibt DLR-Forscher und Projektleiter Marco Münster.

„Den Menschen etwas Greifbares und im wahrsten Sinn des Wortes Erfahrbares zur Verfügung zu stellen, bringt einen sehr hohen Mehrwert für die Sichtbarkeit und Akzeptanz neuer Technologien“, fasst Institutsdirektor Tjark Siefkes zusammen. Auf der Bundesgartenschau hat das DLR erprobt, wie das U-Shift in Zukunft als autonomer Shuttle-Bus zum Beispiel im öffentlichen Nahverkehr zum Einsatz kommen könnte.

Ralph Schlusche, Direktor des Verbands Region Rhein-Neckar; Dr. Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr; Peter Johann, Geschäftsführer der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH; Christian Specht, Erster Bürgermeister der Stadt Mannheim; Dr. Marco Münster, Projektleiter U-Shift am DLR-Institut für Fahrzeugkonzepte; Prof. Tjark Siefkes, Direktor des DLR-Instituts für Fahrzeugkonzepte. Foto: DLR

„Wir haben dabei die derzeitigen Möglichkeiten und Grenzen eines solchen Personen-Shuttles ausgelotet und die notwendigen Stellschrauben für eine erfolgreiche Umsetzung identifiziert. Großer Forschungsbedarf besteht zum Beispiel noch bei allen Fragen rund um die Kommunikation des autonomen Fahrzeugs mit den Nutzenden, vor allem beim Ein- und Aussteigen“, erläutert Marco Münster.

Die Kommunikation ist besonders herausfordernd, wenn Menschen mit unterschiedlichen Sprachen das Angebot nutzen wollen. Gleiches gilt für Menschen mit eingeschränktem Bewegungsvermögen oder Sehkraft. Eine weitere wichtige Erkenntnis aus den Rückmeldungen der BUGA-Besuchenden:

Ein sehr wertiges und ansprechendes Fahrzeuginneres ist wichtig, um Menschen aus dem Auto zu holen und für die Nutzung eines Nahverkehrs-Shuttles zu begeistern. Als weiteren Punkt untersuchten die DLR-Forschenden, welche Infrastrukturmaßnahmen notwendig sind, um autonome Fahrzeuge wie das U-Shift sicher im gemischten Verkehr mit nicht-autonomen Fahrzeugen und weiteren Verkehrsteilnehmenden wie zu Fuß Gehenden und Fahrradfahrenden zu betreiben.

Zusätzlich zum Austausch mit den Besuchern der Bundesgartenschau veranstaltete das DLR-Team auch Workshops mit Kommunen und Unternehmen. Ziel war es, diesen Gruppen das Konzept im Forschungsbetrieb vorzustellen und gemeinsam herauszufinden, welche Einsatz-Szenarien und Geschäftsmodelle rund um das U-Shift umsetzbar sind.

Für die Prototypen gab es eine eigene Halle neben dem DLR-Pavillon. Foto: Schreiber

Die U-förmige Antriebseinheit, das sogenannte Driveboard, nimmt Kapseln (s. Foto) für die unterschiedlichsten Einsatzzwecke auf. Foto: Schreiber

Die Kapseln für die Personenbeförderung wurden auf der BUGA 23 manuell mit dem Driveboard gekoppelt. Foto: Schreiber

„Auch hier haben wir von allen Seiten sehr positive und interessierte Rückmeldungen bekommen. Was uns besonders freut, sind die Anfragen für neue Pilotprojekte und weitere Testbetriebe des U-Shift – im Shuttle- wie auch im Nutzfahrzeugbereich. Denn der Transfer eines solchen komplett neuartigen und autonomen Fahrzeugkonzepts in die Anwendung ist eine große Aufgabe, bei der Kommunen, Betreiber, Hersteller und Gesetzgebung an einem Strang ziehen müssen“, bilanziert Institutsdirektor Tjark Siefkes.

Das U-Shift-Projekt wird im Rahmen des Strategiedialogs Automobilwirtschaft Baden-Württemberg (SDA BW) realisiert und vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg finanziert. Das DLR entwickelt das im Jahr 2021 vorgestellte Fahrzeugkonzept konstant weiter – gemeinsam mit Beteiligten aus Wissenschaft und Industrie. So können ganz neue Produkte und Geschäftsmodelle entstehen. Als starker Automobil- und Zuliefererstandort mit kleinen und mittleren Unternehmen bis hin zu Global Playern ist Baden-Württemberg mittendrin und gestaltet die mobile Zukunft entscheidend mit. (DLR/PM/omnibus.news/Sr)

Die Steuerungs- und Antriebstechnik ist – hier in der Front einige Kameras und Sensoren – ausschließlich im Driveboard verbaut. Foto: Schreiber

Seitlich zwischen den Achsen und im vorderen Bereich über der Achse “versteckt” das Driveboard die gesamte Technik, einschließlich der Hydraulik für das Absenken und Anheben der Kapsel. Foto: Schreiber

Der U-Shift-Prototyp mit Fahrerstand nimmt die Konsole auf, mit der das Fahrzeug auch manuell gesteuert werden kann. Foto: Schreiber

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