China & Türkei statt EU

Im Jahr 2017 wurden 77 Prozent der neu zugelassenen Elektrobusse in der EU von Herstellern produziert, die auch innerhalb der Europäischen Union ansässig waren. Im Jahr 2023 hatten diese nur noch einen Marktanteil von 54 Prozent! Foto: Rabobank; Montage: omnibus.news

Bushersteller von Elektrobussen, die aus der EU kommen, haben rückblickend in den letzten Jahren erhebliche Marktanteile verloren, wie eine Analyse der niederländischen Rabobank auf Grundlage der Zahlen des Analysten Wim Chatrou von Chatrou CME Solutions zeigt. Gewinner sind Bushersteller von Elektrobussen aus China (insbesondere BYD, Yutong und Zhongtong) und der Türkei (insbesondere Karsan). 

Im Jahr 2023 wurden europaweit (EU27, UK, ICE, NO, CH) insgesamt 6.354 neue BEV- und 207 neue FCEV-Busse zugelassen. 42 Prozent aller Neuzulassungen von Omnibussen über 8t waren BEV- oder FCEV-Fahrzeuge, das Volumen der BEV-Busse hat sich binnen zwei Jahren fast verdoppelt: von 3.282 in 2021 auf 6.354 in 2023.
Warum hat eine niederländische Genossenschaftsbank den Blick auf den Markt der Elektrobusse gerichtet? Weil das Land europaweit die Nummer 1 ist. Die Niederlande gehören neben Dänemark und Luxemburg – gemessen am BIP pro Kopf – zu den fünf reichsten Ländern der EU. Hier haben die Bürger hier jeweils eine andere Grundhaltung zum Klimawandel als die in Deutschland: Niederländer beispielsweise betrachten den Klimawandel als eines der drei wichtigsten Themen für die Zukunft. Maßnahmen wie die Einrichtung von Nullemissionszonen in 30 Städten bis 2025 in den Niederlanden haben große Auswirkungen, da sie öffentliche Verkehrsbetriebe dazu anregen, auf lokal emissionsfreie Fahrzeuge umzusteigen.
Nicht zuletzt sind es die Niederländer, die mit 1.581 Elektrobussen europaweit an der Spitze liegen. Zwar haben Deutschland (2.562) und Frankreich (1.978) mehr Elektrobusse, aber im Verhältnis zu den Einwohnern führen die Niederländer, denn hier teilen sich 10.000 Einwohner einen Elektrobus, in Deutschland kommt auf 32.000 Einwohner ein Elektrobus, in Frankreich auf 35.000. 
Während der Anteil der Elektrobusse an den Neuzulassungen in Europa stetig steigt, nimmt seit fünf Jahren der Anteil der Bushersteller, die Elektrobusse in der Eu produzieren, stetig ab: Im Jahr 2017 wurden 77 Prozent der neu zugelassenen Elektrobusse in der EU von Herstellern produziert, die auch innerhalb der Europäischen Union ansässig waren. Im Jahr 2023 hatten diese nur noch einen Marktanteil von 54 Prozent! Europa verliert, China gewinnt: Die chinesischen Elektrobushersteller konnten ihren Marktanteil von 13 auf 24 Prozent steigern.
Und auch Elektrobushersteller aus der Türkei legten deutlich zu – seit 2022 haben sie sechs Prozent des Marktes erobert. Mit Blick auf die in Deutschland bekannten und erwarteten Leistungen im Bereich AfterSales und Service verwundert es nicht, dass die Gewinner wie beispielsweise Yutong eher Märkte wie Dänemark, Finnland oder Großbritannien, die hier eine andere Sicht auf flächendeckende Betreuung und Serviceleistungen haben. Auch Karsan macht in Europa gute Geschäfte außerhalb von Deutschland – so konnten große Einheiten in Frankreich, Italien und Luxemburg abgesetzt werden.
Bei einem durchschnittlichen Preis von rund einer halben Million Euro pro BEV-Stadtbus beschleunigt ein ausreichendes Budget den Übergang – die Bundesregierung hat bekanntlich die finanzielle Unterstützung nach drei Förderrunden durch das Bundministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) eingestellt. Hintergrund ist, dass das Budget aus dem Klima- und Transformationsfonds für das Haushaltsjahr 2024 um über 12 Milliarden Euro gekürzt werden musste. Das BMDV habe den Schwerpunkt auf den Ausbau der Tank- und Ladeinfrastruktur gelegt, so die Information aus Berlin. Die Förderung ist nun Landessache, erste Bundesländer haben die nötige Unterstützung bereits angekündigt.
Auch in Deutschland sind Elektrobusse aus China nichts Besonderes mehr, wie letzte Neuanschaffungen der Deutschen Bahn zeigen. Ausschreibungen werden mitunter über den Preis entschieden. Und hier sieht die Rabobank in ihrer Analyse eine der Ursachen für den Anstieg chinesischer Elektrobusse bei den Neuzulassungen in Europa. Auch wären es wohl die Überkapazitäten bei der Produktion von Elektrobussen in China verbunden die mit einer aggressiven Preisgestaltung einhergehen, so müsse man weiter mit einem Anstieg der Marktanteile chinesischer Elektrobusse innerhalb der EU rechnen.
Außerdem, so die Rabobank, habe die chinesische Währung seit 2022 gegenüber dem Euro um zwölf Prozent an Wert verloren. Dies habe europäische Kunden dazu angeregt, die günstigeren chinesischen Elektrobusse zu kaufen. Darüber hinaus ist China heute der mit Abstand größte Markt für batterieelektrische Stadtbusse. Mit einem großen Inlandsmarkt können chinesische Bushersteller ihre Produktion weiter steigern und große Skaleneffekte erzielen. Es bleibt – im wahrsten Sinne – spannend, wie sich die Marktanteile der Elektrobus-Neuzulassungen in 2024 verteilen werden. (ChatrouCMESolutions/Rabobank/PM/Sr)

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